Together apart – Jetzt zeigt sich, ob das Netz hält

Gerade jetzt ist richtiges Netzwerken gefragt! In Zeiten des Corona Virus sollen wir solidarisch zusammenhalten, indem wir uns an ‚social distancing‘ halten. Soziale Distanz. Wobei das eigentlich so gar nicht richtig ist. Physische Distanz sollen wir halten, also körperlichen Abstand. Sozial ist eigentlich mehr Nähe, jetzt ist mehr Solidarität gefragt, als jemals zuvor.

Wie also können wir den Aufruf zum körperlichen Abstand und die trotzdem so wichtige soziale Nähe überein bringen? Ganz einfach. Indem wir gemeinsam ein richtiges Netz knüpfen. Ein Netz besteht aus Verbindungen und Abstand. Das sollte für uns alle doch ein Leichtes sein – haben wir uns in den letzten Jahren nicht ausführlich mit der Kunst des Netzwerkens beschäftigt?

Networking – Netzwerken

Networking. Das – wenn Sie mich fragen eigentlich Un-wort der letzten Jahre. Überall wurde man aufgefordert zu networken. Motto für Symposien, Thema für Fortbildungen, wertvolle Eigenschaft im Vorstellungsgespräch. Kontakte als DIE Währung im Geschäftsalltag.
Wir sollten ein möglichst weitverzweigtes Netz spannen, damit wir für jeden Anspruch den richtigen Ansprechpartner hatten. Für jedes Anliegen den richtigen Kontakt. Für jedes Problem die passende Lösung. Unser Netzwerk sollte uns miteinander verknüpfen. Uns durch seine Größe und Verzweigung breit gefächert verbinden. Die Menschen im Netzwerk sollten sich gegenseitig unterstützen. Gegenseitigkeit als Voraussetzung. Miteinander. Füreinander. Von einem Knotenpunkt im Netz zum anderen.

Netz-Werken

Netzwerken. Netz-Werken. Was genau versteckt sich hinter diesem Wort eigentlich?
Netz. Ein Netz ist ein flexibles Gebilde aus einzelnen Strängen, die sich an unterschiedlichsten Knotenpunkten treffen und beliebig weit verknüpfen können. Jeder Punkt ist Teil des Ganzen, jeder Punkt hängt mit jedem anderen Punkt zusammen. Ein Netz ist nicht nur eine flexible Konstruktion, sondern eben genau durch diese Flexibilität auch unfassbar stabil. Anpassungsfähig.
Werken. Das Netz sollte einem Zweck dienen. Es sollte ein Werk für uns verrichten. Es soll uns von Nutzen sein. Ziel des Netzes: Schwarmwissen. Man muss nicht alles selbst wissen, man muss nur den kennen, der das entsprechende Wissen oder Können beisteuern kann.
Lange bevor das Netzwerken als Werkzeug in aller Munde war, wurde das Bild des Netzes ganz anders genutzt.

Sicherheitsnetz

Ein Netz wurde als Werkzeug der Sicherung genutzt. Als Werkzeug nicht zum persönlichen Nutzen, sondern zum solidarischen Schutz anderer. Wir spannen ein Sicherheitsnetz. Nicht für uns, nicht damit wir voneinander profitieren. Sondern für andere. Je engmaschiger, desto besser. Damit keiner durch die Maschen fällt.
Die Bundesregierung knüpft seit Beginn der Corona Pandemie an einem Netz. Das Netz ist in Arbeit, wird konstant verändert und der Situation angepasst. Das Netz wird gespannt zur Sicherung gegen Absturz. Für die Wirtschaft. Kleinunternehmer, Mittelständler, Konzerne, Solo-Selbständige. Auch an die Kultur wurde gedacht. Das Netz ist noch nicht perfekt. An einigen Stellen sind die Maschen zu grob, da fallen noch zu viele durch. Da muss nachjustiert werden. Da wird nachjustiert werden.

Soziales Netz

Ich habe großes Vertrauen in unser soziales Netz. Im Gegensatz zu anderen Ländern können wir in Deutschland auf lange Jahre Erfahrung und Arbeit mit und an dem Netz vertrauen. Arbeitslosenversicherung. Krankenversicherung. Unser Sozialstaat zeigt jetzt seine Vorteile.
Neben den staatlichen Institutionen, Kunst, Kultur, und Wirtschaft gibt es aber noch kleine, in ihrer Leistung aber ganz große Institutionen, die aktuell noch zu wenig von diesem Netz erfasst werden.

Solidarisches Netz

Es geht mir hier um Obdachlosenhilfe, Tafeln, Frauenhäuser, Streetworker, Drogenberatung, Jugendhilfe, betreutes Wohnen, Flüchtlingshilfe etc.

Diese Einrichtungen, oft von engagierten Ehrenamtlichen betrieben, kümmern sich täglich um die Menschen, die auch im Vor-Corona Alltag schon durch ganz viele Netze fallen. Oder um diejenigen, die Angst haben vor Netzen. Diese Einrichtungen decken dort einen Bedarf ab, wo die meisten Menschen meistens gar nicht hinschauen. Ihre Mitarbeiter gehen in Kontakt, sie bieten Nähe, sie bieten Schutz.

Schutz bedeutet unter Corona heute kein Kontakt, keine Nähe. Solidarität durch Abstand.

Tafeln müssen vielerorts schließen – keine Lebensmittel, und / oder keine ehrenamtlichen Helfer*innen, da diese oft der Risikogruppe angehören.
Frauenhäuser sind voll. Mitarbeiter*innen, Bewohnerinnen und Kinder müssen sich nicht nur mit ihrer ganz individuellen Situation auseinandersetzen, sondern sind zusätzlichen, Corona bedingten Quarantänemaßnahmen oder Ausgangsbeschränkungen unterworfen.
Obdachlose sind da, Menschen mit Abhängigkeiten sind da, Menschen die kein Geld für Essen haben sind da, Frauen, die Schutz brauchen sind da.

Vor Corona, während Corona, nach Corona.

Die Menschen, die sich um sie kümmern wollen, die Einrichtungen, die bisher aufgefangen haben, können jetzt oft nicht im gleichen Maße für diese Zielgruppen da sein. Oder stehen unter zusätzlichen Druck. Sie müssen sich wegen Corona anpassen. Das bisher – mal besser, mal schlechter – funktionierende Netz bekommt Risse, viele fallen.
Jetzt wird sich zeigen, wie stark wir, jeder von uns, tatsächlich den Netzwerk Gedanken verinnerlicht haben. Sind wir bereit, unser Netz zu nutzen für die, die uns nichts nutzen? Spannen wir unser Netz, damit andere nicht fallen? Fangen wir auf, was ein anderer jetzt nicht alleine tragen kann?
Tut mir einen Gefallen, wo immer ihr das lest. Schaut euch in eurem Ort um. Gibt es dort Einrichtungen, die bisher ein Sicherheitsnetz gespannt haben? Hat Corona dort ein Loch gerissen? Ist es nötig, zu flicken? Und wenn ja – fragt nach Nadel und Faden. Nutzt euer Netzwerk! Arbeitet zusammen. Werdet aktiv.

Jetzt sind wir gefragt

Ein RiCHTIGES Netz ist ein Sinnbild dafür, dass wir gemeinsam so viel stärker sind als alleine. Ein Netz ist ein Sinnbild für together apart. Die Fäden halten uns zusammen, die Maschen sind der Abstand. Wir sind nun gefragt, feinfühlig unser Netz so zu spannen, dass es gleichzeitig flexibel ist und uns alle hält, und außerdem kein einzelner durch die Maschen fallen kann.

Das Netz, was uns alle miteinander verbindet, hält nur, wenn wir alle daran mitarbeiten. Wenn wir alle bereit sind, auch selbst gerissene Fäden zu flicken. Nur dann kann das Netz halten. Nur dann kann das Netz wirken. Nur dann sind wir alle wirkliche Netzwerker.